Qi Gong G. u. T.

Qi Gong

Alle Übungen des Qi Gong beruhen auf den chinesischen Vorstellungen über die Beziehungen zwischen Himmel, Erde und Mensch. Schon die ältesten chinesischen Aufzeichnungen des 5000 Jahre alten I Ging, des Buchs der Wandlungen, befassen sich damit. Die Energie der Erde nehmen wir durch die Verwurzelung unserer Füße und unseres Steißbeins auf. Die Energie des Himmels fließt am Scheitelpunkt in unser System ein. Wir Menschen befinden uns in der Mitte zwischen diesen beiden Urquellen und brauchen ihre Energien nur aufzunehmen. Wenn wir mit Himmel und Erde verbunden sind, kann das Qi auf natürliche Weise frei in uns fließen. Durch unser tägliches Leben verbrauchen wir jedoch ständig Energie. Die Übungen des Qi Gong ermöglichen es uns, nicht nur verbrauchte Energien wieder aufzufrischen, sondern auch darüber hinaus einen Energievorrat anzulegen, so dass wir uns nicht mehr so sehr erschöpfen.  Die Wirkungskraft des Qi Gong entsteht aus dem dynamischen Gleichgewicht zwischen Festem - den auf dem Boden stehenden Füßen, der stabilen Konzentration - und Leichtem - dem entspannten Atem, den fließenden Bewegungen. Man unterscheidet in der Shaolin-Tradition zwischen Innerem oder Weichem Qi Gong und Äußerem oder Hartem Qi Gong. Das Innere Qi Gong dient der Heilung und Gesunderhaltung von Körper, Geist und Seele. Über die Regulierung des Atems und des Bluts stärkt es die inneren Organe, befreit von alten Energien und Blockaden und hilft, sich mit frischer Energie aufzuladen. Das Äußere Qi Gong wird im Zusammenhang mit den Kampfkünsten geübt, um sich gegen äußere Einwirkungen wie Stockschläge und Faust- hiebe unempfindlich zu machen (sogenanntes »Eisenhemd- Qi Gong«). Dieses darf nur von speziell ausgebildeten Lehrpersonen vermittelt werden, sonst können schwere körperliche Schädigungen entstehen.

Quelle: Shi Xinggui – Shaolin Qi Gong – Energie in Bewegung

 

 

 

 

Die Meridiane

»Alles im Menschen wird durch Leitbahnen zur Ganzheit verknüpft. Sie entscheiden über Leben und Tod. Sie halten Yin und Yang im Gleichgewicht.« Den Begriff »Meridian- (Längenlinie) haben europäische Schiffsärzte für das chinesische Jing Luo geprägt. Er bedeutet so viel wie fortgeleitete Pulsation, also eine Art pulsierendes Gefäßsystem, am ehesten mit dem Wort »Leitbahn- zu übersetzen. Diese unsichtbaren Leitbahnen durchziehen neben den sichtbaren Leitbahnen Venen, Arterien, Lymph- und Nervenbahnen  den ganzen Körper. Ihr Strömungsgebiet liegt flach unter der Haut im Unterhautzellgewebe, wo sie eine Einheit mit den inneren Organen und der Körperoberfläche bilden. Man stelle sich vor, dass der Energiestrom, wie das Blut in den Gefäßen, auf und abwärts durch den Körper fließt. Über die Meridiane stehen die Organe mit der Körperoberfläche in Verbindung. So können Krankheiten im Körper an der Oberfläche erkannt und dort behandelt werden. Durch Akupunktur oder Akupressur (oder auch Reflexzonentherapie) besteht die Möglichkeit, durch eine Beeinflussung der Oberfläche in die Tiefe hineinzuwirken. Das Wissen um die genaue Lokalisation der Meridiane basiert auf dem alten Wissen der chinesischen Ärzte. Neben einer genauen Kenntnis dieser Leitbahnen sind vor allem Erfahrung, Intuition und Feinfühligkeit des Behandelnden notwendig, da über die exakte Lokalisation einiger Punkte bzw. über den exakten Verlauf der Meridiane nicht immer Einigkeit herrscht. Es gibt inzwischen verschiedene Mess- und Anwendungsmethoden, wie z. B. die Elektroakupunktur nach Dr. Voll, die Meridiane und Akupunkturpunkte u. a. nach Hautwiderstand lokalisieren. Es gibt zwölf Hauptleitbahnen, die spiegelbildlich in Längslinien auf dem Körper verlaufen. Alle Meridiane sind über ihre Anfangs- und Endpunkte miteinander verbunden. Die Hauptleitbahnen verlaufen unter der Hautoberfläche, wo sie für die Akupunktur zugänglich sind. Darüber hinaus hat jeder Meridian auch einen inneren Verlauf. Außerdem gibt es ein weiteres Netz von Leitbahnzweigen, Netzleitbahnen und Muskelleitbahnen. Darüber hinaus gibt es acht außerordentliche Leitbahnen, deren Kenntnis in China lange als Geheimlehre galt. Von diesen haben nur das Lenkergefäß (Dumai) und das Konzeptionsgefäß (Renmai) eigene Punkte. Sie liegen auf der Mittellinie des Körpers. Die anderen haben Schlüsselpunkte auf den zwölf Hauptleitbahnen und sind über diese zu aktivieren. Die zwölf Organmeridiane werden paarweise aufgeteilt, in je einen Yin- und einen Yang-Meridian, die zusammen einen Funktionskreis bilden. In der Chinesischen Medizin spielen Organe im anatomischen Sinne keine Rolle. Sogenannte Funktionskreise weisen eher auf die Tätigkeit und Wirkung der Organe und ihre Auswirkung auf der emotionalen Ebene hin.

Qi - die Essenz des Lebens

»Der Mensch lebt inmitten von Qi, und das Qi erfüllt den Menschen. Alles bedarf des Qi, um zu leben«, heißt es in einem medizinischen Text aus dem 4. Jahrhundert. Das Qi strömt in den Meridianen durch den ganzen Körper. Eine genaue Übersetzung des Begriffs ist schwierig, da es sich weder um Energie noch um Materie handelt. Man könnte es als Urkraft oder Lebensenergie bezeichnen. Vergleichbar ist Qi mit der Lebenskraft, die in der indischen Sanskritsprache mit »Prana« bezeichnet wird. Die chinesische Heilkunst gründet auf dem Studium des Qi. Solange das Qi ungehindert fließen kann, befindet sich der Mensch im Gleichgewicht. Er ist gesund. Nach chinesischer Vorstellung beruhen die meisten Erkrankungen auf einer Störung, einer Disharmonie, im Fluss der Lebensenergie. Entweder liegt eine Fülle oder eine Leere bzw. Schwäche der Lebensenergie vor. Die Leere führt z. B. zu unzureichender Tätigkeit, die Fülle zu überschießenden Funktionen der entsprechenden Organe. Darüber hinaus unterscheidet man in der Chinesischen Medizin noch weitere Grundsubstanzen. Xue steht für den Begriff »Blut« und gehört zu den Yin-Substanzen. Es ist die dichte materielle Form von Qi und untrennbar mit diesem verbunden. Es fließt in den Blutgefäßen, aber auch in den Meridianen. Hauptaufgabe ist die ständige Zirkulation, die Ernährung und Bewahrung des Körpers. Jing eine flüssigkeitsähnliche feinstoffliche Substanz. Aus ihr entsteht jede organische Veränderung. Sie entspricht im Prinzip der Nierenessenz, die sich aus der Vorhimmelsessenz zusammensetzt, die von den Eltern vererbt wird, und der Nachhimmelsessenz, die z. B. durch Nahrung aufgenommen wird. Shen ein Komplex, der mentale Fähigkeiten umfasst, ebenso wie emotionale, mentale, intellektuelle und spirituelle Aspekte. Er ist mit dem Organkreislauf Herz verbunden.

Quelle: Atlas des ganzheitlichen Heilens von Anna Elisabeth Röcker.



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